„Publireportage“ mit Nachspiel:
„KMU-Magazin“ gegen „KMU-Manager“

Darf eine PR-Seite unter dem Titel „Publireportage“ redaktionell daherkommen? Das „KMU-Magazin“ wollte es wissen. Seine Beschwerde an den Presserat wurde gutgeheissen. Allerdings gehen die Meinungen weiterhin auseinander: Presserat und Lauterkeitskommission sind sich nicht einig in Abgrenzungsfragen.

Von Bruno Glaus*

Der Engeli & Partner Verlag, Herausgeber des «KMU-Magazins» beanstandete, der «KMU-Manager» habe durch die mangelhafte Deklaration von sog. „Publireportagen“ die Richtlinien 9.1 (Unabhängigkeit) und 10.1 (Trennung zwischen redaktionellen Teil und Werbung) den Journalisten-Kodex. Die Leserschaft des «KMU-Managers» sei ungenügend oder überhaupt nicht in der Lage, bezahlte und journalistisch bearbeitete Information zu unterscheiden, da der redaktionelle Teil und die „Publireportagen“ mit identischer Typografie und identischem Layout erscheinen würden.

Ist die Überschrift „Publireportage“ zulässig?
Die KMU-Medien AG, Verlegerin des «KMU-Manager», machte geltend, der Begriff „Publireportage“ werde von der Schweizerischen Lauterkeitskommission seit Jahren für die Kennzeichnung von PR-Texten empfohlen. Der Begriff „Publi-Reportage“ werde in Hunderten von Presse-Erzeugnissen verwendet und PR-Seiten seien selbst in grossen Publikumszeitschriften nicht immer speziell gestaltet.

Der Presserat hält in seiner Stellungnahme fest, gemäss Angaben der Lauterkeitskommission habe diese einen analogen Fall zum Thema „Publireportage“ behandelt und dabei auf die Richtlinie 10.1 des Presserates zur «Erklärung» abgestellt. Die Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung müsse nicht nur begrifflich, sondern auch optisch klar erkennbar sein. Leider lasse die Lauterkeitskommission den Titel „Publireportage“ zu.


Zur Abgrenzung:
Die Richtlinie 10.1 zur «Erklärung» lautet: «Die Trennung zwischen redaktionellem Teil bzw. Programm und Werbung ist optisch und begrifflich klar zu kennzeichnen.»


„Tagblatt-Beilage“ problematisch
Der Presserat hatte sich in den letzten Jahren immer wieder mit dieser Abgrenzung auseinanderzusetzen:

_ Eine Beilage zum «St. Galler Tagblatt» zu einer Abstimmungsvorlage war optisch, jedoch nicht begrifflich genügend etikettiert worden. Der Vermerk «Tagblatt-Beilage» und der Obertitel «Stadt-Entwicklung» im Kopf der ersten Seite habe die Lesenden zur irrigen Auffassung verleiten können, es handle sich um eine Beilage redaktioneller Art, meinte der Presserat.

_ In einer weiteren Stellungnahme zum Thema verneinte der Presserat eine Verwechslungsgefahr. Bei diesem Entscheid ging es um ein Inserat der Telefongesellschaft «Orange», welches sich in der «SonntagsZeitung» typographisch offensichtlich an dasjenige der Zeitung anlehnte. Ein entsprechendes Inserat von «Orange» erschien wenig später auch in der «Berner Zeitung»; dort war das Layout durch dasjenige der BZ «inspiriert». Der Presserat kam damals zum Schluss, durch die blosse Annäherung der optischen Darstellung an die Zeitung lasse sich die Leserschaft kaum über den Werbecharakter des Inhalts täuschen, weshalb Ziffer 10 der «Erklärung» nicht verletzt sei.

_ Aehnlich entschied der Presserat in einem „Blick-Entscheid“ («Sonderbeilage» der Teleclub AG). Trotz der optischen Anlehnung der Beilage an den «Blick» ging der Presserat davon aus, dass die Leserschaft die Beilage keineswegs dem redaktionellen Teil des «Blick» zurechne. Er begründete diesen Entscheid damit, dass mit dem Untertitel „eine Sonderbeilage von Teleclub“ eine begriffliche Abgrenzung erfolgte. Der Presserat empfahl jedoch, statt „Sonderbeilage“ oder „Publireportage“ den völlig eindeutigen Terminus „Werbebeilage“ oder „Werbeseite“ zu verwenden.

Presserat unglücklich über Lauterkeitskommission
Der Presserat kritisiert die Kehrtwendung in den Grundsätzen der Lauterkeitskommission (Grundsatz 3.12 Ziffer 7). Die Kommission empfahl früher ebenfalls, den „französischsprachigen Begriff ‹Publireportage› in deutschsprachigen Publikationen zu vermeiden, weil er nicht allgemein verständlich ist“. Die aktuelle Fassung lautet: „PR-Botschaften können auch auf bezahltem Raum, d.h. als Inserate veröffentlicht werden. Um die Unterscheidung gegenüber dem Redaktionsteil sicherzustellen, sollen solche PR-Botschaften klar ersichtlich als ‹Werbe- oder Publireportage› bzw. als ‹Anzeige› oder ‹Inserat› bezeichnet werden.“ Eine „bedauerliche Verschlechterung“ - so der Presserat.

Layout ungenügend abgegrenzt
Deshalb konnte dem «KMU-Manager» kein Vorwurf gemacht werden. Der Presserat empfahl dennoch, in Zukunft die entsprechenden Seiten unmissverständlich als „Werbung“, „Anzeige“ oder „Inserat“ zu deklarieren. Nach dem Zuckerbrot folgte dann aber – wie in Entscheiden nicht selten – doch noch die Peitsche. Da das Layout der bezahlten Texte im «KMU-Manager» nicht nur an das Layout des redaktionellen Teils angelehnt, sondern identisch war, befand der Presserat die Abgrenzung der beiden Rubriken für „offensichtlich ungenügend“. „Selbst wenn - wie dies die Redaktion des «KMU-Manager» geltend macht - die Natur der Texte aufgrund ihres Inhalts für die Leserschaft durchaus erkennbar sein mag“, ist für den Presserat die optische Abgrenzung im vorliegenden Fall unzureichend.

So wurde die Beschwerde des «KMU-Magazins» doch noch gutgeheissen. Der Redaktion wird „dringend“ empfohlen, zur begrifflichen Kennzeichnung bezahlter PR-Texte anstelle des nicht allgemein bekannten Begriffs „Publireportage“ eine klarere Bezeichnung wie z.B. „Inserat“, „Anzeige“ oder „Werbung“ zu kennzeichnen. Durchsetzbar ist diese Empfehlung wohl kaum, weil die Lauterkeitskommission hier einen anderen Massstab ansetzt.


*Bruno Glaus ist Rechtsanwalt bei Glaus & Partner in Uznach