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Vorliegend geht es um die Frage, ob die Überlassung eines Computerprogrammes überhaupt in ein beschränktes Lizenzverhältnis (Benutzungsrecht) mündet oder ob Rechte uneingeschränkt abgetreten werden. Bei einer Massen- bzw. Standardsoftware ist wohl von einer (gesetzlichen, urheberrechtlichen) Lizenzkonstruktion mit beschränkter Rechteübertragung auszugehen. Bei einer massgeschneiderten Individualsoftware kann es demgegenüber – z.B. im Rahmen eines Werkvertragsverhältnisses - zu einer vollständigen und unbegrenzten Rechteübertragung auf den Besteller kommen (vgl. HILTY R., Lizenzvertragsrecht, Stämpfli, 2001). Dies vergleichbar mit dem full-buyout in der Werbebranche (vgl. auch Kapitel Urheberrecht Vertiefung)
Lesetipp: Copyright inbegriffen – was heisst das? (erschienen in: "persönlich", Stand 2003) Gesetzliche RegelungComputerprogramme fallen unter den Anwendungsbereich des Urheberrechtes. Art. 2 Abs. 3 URG / Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte lautet explizit: „Als Werke gelten auch Computerprogramme“(vgl. OG ZH v. 24.1.2013 in sic! 11/2013, S. 697). Der Urheber oder die Urheberin hat das ausschliessliche Recht zu bestimmen, ob, wann und wie das Werk verwendet wird (Art. 10 URG) und ob, wann und wie das Werk geändert werden darf (Art. 11 URG). ErschöpfungsgrundsatzHat ein Urheber oder eine Urheberin ein Computerprogramm veräussert oder der Veräusserung zugestimmt, so darf dieses gebraucht und weiterveräussert werden (Art. Art. 12 Abs. 2 URG regelt den sogenannten Erschöpfungsgrundsatz). Art. 17 Abs. 1 und 2 URV (Verordnung zum URG) beschreiben den Erschöpfungsgrundsatz für Computerprogramme im Detail: 1 Der nach Artikel 12 Absatz 2 URG zulässige Gebrauch eines Computerprogramms umfasst: Nicht in dieser Aufzählung enthalten ist das Recht zur Weiterbearbeitung oder Weiterentwicklung. Anders kann es sich bei Lizenzvergaben verhalten „namentlich bei komplexen Anwendungen für spezifische Branchen und Bedürfnisse, wo Anpassungen oder Weiterentwicklungen der betreffenden Programme von grösserer Bedeutung sind als bei Massen- Standard-Software“ (MÜLLER B./OERTLI R., Kommentar URG, Stämpfli 2006). Das Recht des Kunden Fehler zu behebenAnders als im europäischen Recht (EU-Software-Richtlinie), ist in der Schweiz das Recht des Erwerbers eines Computerprogrammes zur Fehlerbehebung nicht explizit geregelt, doch wird es von der Lehre als (stillschweigend) im URG mit enthalten betrachtet (vgl. MÜLLER B./OERTLI R., Kommentar URG, Stämpfli 2006). Entschlüsselung von Schnittstellen (Art. 21 URG)Wer das Recht hat, ein Computerprogramm zu gebrauchen, darf sich gemäss Art. 21 Abs. 1 URG „die erforderlichen Informationen über Schnittstellen zu unabhängig entwickelten Programmen durch Entschlüsselung des Programmcodes beschaffen oder durch Drittpersonen beschaffen lassen“. Allerdings dürfen die so gewonnenen Schnittstelleninformationen nur „zur Entwicklung, Wartung sowie zum Gebrauch von interoperablen Computerprogrammen verwendet werden, soweit dadurch weder die normale Auswertung des Programms noch die rechtmässigen Interessen der Rechtsinhaber und -inhaberinnen unzumutbar beeinträchtigt werden.“ (Art. 21 Abs. 2 URG). Dies bedeutet in Kurzform: Interoperabilität ist erlaubt, die Herstellung eines sehr ähnlichen Programmes hingegen nicht (vgl. BARRELET D./ EGLOFF W., Urheberrecht Kommentar, Stämpfli 2008). Die erlangten Informationen dürfen auch nicht weitergegeben werden. UrhebervertragsrechtDas Urhebervertragsrecht hat Bezugspunkte zum (gesetzlichen) Urheberrecht einerseits und zum Vertragsrecht andererseits. Aus dem obligationenrechtlichen Bezug folgt, dass die allgemeinen schuldrechtlichen Prinzipien grundsätzlich auch auf Urheberrechtsverträge Anwendung finden, so insbesondere Vorschriften über das Zustandekommen, Auslegung und Aufhebung von Verträgen (STREULI-YOUSSEF M., Urhebervertragsrecht). Diese allgemeinen Grundsätze erleiden indessen eine wichtige Ausnahme, die sich aus Art. 16 Abs. 2 URG ergibt: „Die Übertragung eines im Urheberrecht enthaltenen Rechtes schliesst die Übertragung anderer Teilrechte nur mit ein, wenn dies vereinbart ist“. Daraus folgt, dass die Auslegung von Lizenzierungsklauseln im Zweifelsfall – was den Leistungsumfang betrifft - zugunsten des Urhebers zu erfolgen hat. Dies natürlich immer unter der Voraussetzung, dass überhaupt ein (expliziter/schriftlicher oder auch nur konkludenter) Vertrag zustande gekommen ist. Zwischen den Vertragsparteien kann im Rahmen eines Werkvertragsverhältnisses eine volle Abtretung der Urheberverwertungsrechte (full-buyout) auf den Besteller vereinbart werden (insbesondere bei einer massgeschneiderten Individualsoftware). D.h., der Besteller erwirbt umfassende und uneingeschränkte Rechte an der Softwarelösung und die Urheberrechte gehen auf ihn über (Urheberpersönlichkeitsrechte - z.B. das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft oder Erstveröffentlichung – sind dabei nicht inbegriffen, aber auch weitgehend verhandelbar). Im Fall der vollen Abtretung des Urheberrechts hat der Besteller auch einen Anspruch auf Aushändigung des Source Codes. Zur Lizenzierung und vollen Abtretung von Urheberrechten siehe auch Urheberrecht Vertiefung. Ausservertragliche RegelungenZu den ausservertraglichen Regelungen gehören z.B. Ansprüche aus unerlaubter Handlung (OR 41 ff.) oder das Bereicherungsrecht (OR 62 ff.). Ein Aspekt, welcher in diesem Zusammenhang besonders interessieren dürfte, ist der Leistungsschutz durch das Lauterkeitsrecht (siehe dazu Kapitel Lauterkeitsrecht, insbesondere zum „Schmarotzertum“). |