Letzte Aktualisierung: Juni 2018

Strafbarkeit des Herunterladens urheberrechtlich geschützter Dateien mittels Hash-Links

Urteil Kantonsgericht Graubünden vom 27.07.2006 ("Swissmule.com") Ref.: PS 06 5 (GR)

Sachverhalt: Auf der Webseite swissmule.ch wurden in Foren Beiträge über Filme und sogenannte Hash-Links zu den entsprechenden Filmdateien in Peer-to-Peer-Netzwerken (P2P-Netzwerken) verbreitet. 

Aus den Erwägungen:
(...)
3. a/aa) Gemäss Art. 67 Abs. 1 Iit. e URG macht sich strafbar, wer vorsätzlich und unrechtmässig auf irgendeine Weise Werkexemplare herstellt. Herstellen bedeutet Vervielfältigen eines Werkexemplares, wozu auch der Download im Internet gehört (D. Barrelet/W. Egloff, Das neue Urheberrecht. Kommentar zum Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, 2. Aufl., Bern 2000, URG 10 N 2). Wer nämlich eine urheberrechtlich geschützte Datei via P2P-Netzwerk auf seine Festplatte herunterlädt und dort speichert, stellt eine identische Kopie dieser Datei und damit ein Werkexemplar her (C. Schwarzenegger, Urheberrecht und Filesharing in P2PNetzwerken. Die Strafbarkeit der Anbieter, Downloader, Verbreiter von Filesharing-Software und Hash-Link-Setzer, in: C. Schwarzenegger/O. Arter/F.S. Jörg (Hg.),Internet-Recht und Strafrecht, Bern 2005, 211). Das objektive Tatbestandsmerkmal der
Unrechtmässigkeit der Herstellung ist mangels Einverständnis des Rechteinhabers in den Download beim Filesharing in P2P-Netzwerken regelmässig erfüllt. Zu beachten bleibt aber, dass gemäss Art. 19 Abs. 1 URG veröffentlichte Werke zum Eigengebrauch zwar verwendet werden dürfen, jedoch der Download von urheberrechtlich geschützten Dateien nur dann unter den rechtmässigen Eigengebrauch fällt, wenn der P2P-Nutzer seine Sharing-Software so konfiguriert, dass ein gleichzeitiges Weitergeben der Datei bzw. der Datenpakete an weitere P2P-Nutzer unmöglich ist. Hinsichtlich des verlangten Vorsatzes genügt bei Art. 67 Abs. 1 Iit. e URG Eventualvorsatz (A. Glarner, Musikpiraterie im Internet. Urheberstrafrechtliche Betrachtungen, Bern 2002, 87).

bb) Nach Art. 67 Abs. 1 lit. f URG macht sich strafbar, wer vorsätzlich und unrechtmässig Werkexemplare anbietet, veräussert oder sonstwie verbreitet. Als Täter kommt hier also jeder P2P-User in Betracht, der eine Musik-, Film- oder Computerspieldatei oder Teile einer solchen auf seinem eigenen Rechner zum Download Dritten bereitstellt (Schwarzenegger, 216). Demnach erfüllt ein User, wenn er die Kopie eines Werkexemplars im Sharing-Bereich seines Rechners ablegt oder belässt, die objektive Tathandlung des Anbietens eines Werkexemplars, sobald er den Computer an das P2P-Netzwerk angeschlossen und die Sharing-Software aktiviert hat. Dabei kann das Bereitstellen zum Download auch als Sonstwie-Verbreiten im Sinne der Norm angesehen werden. Die Variante des Sonstwie-Verbreitens unterscheidet sich zur Variante des Anbietens im Kontext der P2P-Netzwerkkommunikation nur darin, dass das Sonstwie-Verbreiten neben dem blossen Bereitstellen zum Abruf noch zusätzlich mindestens eine aktive Datenübertragung durch den Täter voraussetzt (Schwarzenegger, 220 f.). Das objektive Tatbestandsmerkmal der Unrechtmässigkeit ist auch diesfalls mangels Einverständnis des Rechteinhabers in den Download beim Filesharing in P2P-Netzwerken regelmässig erfüllt. Ausserdem kann beim Anbieten von Filmen in einem P2P-Netzwerk keine Rede mehr von einem rechtmässige Eigengebrauch im Sinne von Art. 19 URG sein, da das Anbieten von Dateien im Internet zum Abruf für jedermann klar darüber hinausgeht (Schwarzenegger, 219). Hinsichtlich des verlangten Vorsatzes genügt bei Art. 67 Abs. 1 Iit. f URG ebenfalls Eventualvorsatz.

b) X. ist geständig, wiederholt über das Programm "eMule" Filme aus dem Internet heruntergeladen und auf der Seite ("www.swissmule.com") selber verschiedene Hash-Links gesetzt zu haben. In einem Fall wurde ausserdem ermittelt, dass er für den Download einen Hash-Link auf der Seite ("www.swissmule.com") benutzt hatte. Weitere Downloads über Hash-Links auf der Seite ("www.swissmule.com") wurden von X. zudem zugegeben. Ein Einverständnis des Berechtigten lag nie vor. Während des Downloads waren die Dateifragmente automatisch auch für den Upload verfügbar, weshalb Eigengebrauch ausser Betracht fällt. X. wollte die Filme herunterladen, wobei er angab, gewusst zu haben, dass die Dateien während des Downloads Dritten zugänglich waren und dass das Herunterladen von Filmen bei gleichzeitigem Anbieten an Dritte nicht erlaubt ist. Insofern handelte er auch vorsätzlich, musste er doch auch damit rechnen, dass ein Download zum rechtmässigen Eigengebrauch bei offener Sharing-Funktion praktisch ausgeschlossen ist. Folglich hat er durch sein Verhalten mehrfach gegen Art. 67 Abs. 1 lit. e URG verstossen und sich strafbar gemacht, indem er Werkexemplare unrechtmässig und vorsätzlich hergestellt hat. Ebenso hat sich X. im Sinne von Art. 67 Abs. 1 lit. f URG mehrfach strafbar gemacht, indem er durch sein Verhalten, wie eingestanden, Werkexemplare unrechtmässig und vorsätzlich angeboten oder sonstwie verbreitet hat.

4 a) Weiter ist zu prüfen, ob sich X. der mehrfachen Gehilfenschaft zur Widerhandlung gegen Art. 67 Abs. 1 lit. e und f URG in Verbindung mit (a)Art. 25 StGB strafbar gemacht hat. Die Gehilfenschaft zur Widerhandlung gegen Art. 67 Abs. 1 lit. e und f URG setzt in objektiver Hinsicht eine tatbestandsmässige Haupttat, d.h. einen illegalen Download bzw. ein unrechtmässiges Anbieten der Daten durch Dritte, sowie eine diese Haupttat fördernde Gehilfenhandlung voraus. Als Hilfeleistung gilt jeder kausale Beitrag, der die Haupttat fördert, sodass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen
anders abgespielt hätte (Schwarzenegger, 232). Dabei genügt es nach herrschender Lehre und Rechtsprechung für die Strafbarkeit des Gehilfen, wenn die Haupttat in strafbarer Weise versucht worden ist. Ein Anbieter, der um den illegalen Verwendungszweck des von ihm Angebotenen weiss, macht sich folglich der Gehilfenschaft schuldig, sobald der Haupttäter in strafbarer Weise versucht, dessen Angebot zu nutzen (BGE 114 IV 114). In subjektiver Hinsicht genügt Eventualvorsatz, wobei sich der Vorsatz des Gehilfen sowohl auf die Verwirklichung der Haupttat wie auch auf die eigene Beihilfehandlung beziehen muss.

b) Vorliegend wurden die Drittpersonen - Haupttäter hinsichtlich Art. 67 Abs. 1 lit. e URG - und die mittelbar durch diese über Hash-Links heruntergeladenen Filmdateien zwar nicht ermittelt. Immerhin hat die Auswertung der bei X. beschlagnahmten Datenträger aber gezeigt, dass die von ihm gesetzten Links angeklickt wurden. Dabei ist im Gegensatz zu anderen Arten von Links im Internet hier entscheidend, dass das Aktivieren eines Hash-Links automatisch den illegalen Download einer Filmdatei in
einem P2P-Netzwerk auslöst und keinen anderen Zweck erfüllen kann. Insofern liegt schon im Anklicken der Hash-Links durch die User ein Versuch des unrechtmässigen Downloads. Es stellt die erste zielgerichtete Handlung und den entscheidenden Schritt auf dem Weg zur Deliktsverwirklichung dar, von dem es normalerweise kein Zurück mehr gibt (BGE 114 IV 114). X. ist auch geständig, selber Hash-Links gesetzt zu haben. Die Hash-Links hat er von anderen, illegalen Anbietern - Haupttäter hinsichtlich Art. 67 Abs. 1 lit. f URG - übernommen. Somit ist die Voraussetzung der - mindestens versuchten - Haupttat sowohl hinsichtlich einer Gehilfenschaft zur Widerhandlung gegen Art. 67 Abs. 1 lit. e URG wie auch hinsichtlich Iit. f erfüllt.

c) Zu prüfen bleibt damit, worin die Hilfeleistung von X. lag. Wie soeben ausgeführt, ist dieser geständig, selber die erwähnten Hash-Links gesetzt zu haben. Damit hat X. Beihilfe zum Download durch Dritte P2P-User geleistet. Dass die P2P-User den illegalen Download auch anderswo oder auf andere Art und Weise realisieren könnten, ist dabei irrelevant (Schwarzenegger, 241 ff.). Das Setzen dieser Links fördert mittelbar auch das unrechtmässige Anbieten von Werkexemplaren durch die eigentlichen Anbieter, da die Hash-Links wie Verstärker der eigentlichen, illegalen Angebote wirken (Schwarzenegger, 245). Hinzu kommt, dass die Dateien während des illegalen Downloads durch X. zugleich auch Dritten zugänglich waren.

d) Das Handeln des X. war auch vorsätzlich. So wusste er nicht nur, dass er durch das Setzen von Hash-Links illegale Downloads fördert. Vielmehr war es geradezu seine Absicht dadurch möglichst vielen P2P-Usern Downloads zu ermöglichen. Dafür spricht auch, dass die von ihm gesetzten Links gar keinen anderen Zweck verfolgten, als Datendownloads zu ermöglichen. Zudem will X. auch die jeweilige Vollendung der Haupttaten durch die Downloader, d.h. er will, dass durch die von ihm gesetzten Hash-Links Downloads getätigt werden. Er muss hierfür weder die genauen Umstände noch unbedingt die Haupttäter kennen.

e) Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass sich X. auch der mehrfachen Gehilfenschaft zur unrechtmässigen Herstellung von Werkexemplaren sowie der mehrfachen Gehilfenschaft zum unrechtmässigen Anbieten eines Werkexemplars gemäss Art. 67 Abs. 1 Iit. e und f URG in Verbindung mit (a)Art. 25 StGB strafbar gemacht hat.

Lesetipp: sic! - Zeitschrift für Immaterialgüter-, Informations- undWettbewerbsrecht 2008, S. 205 ff. Urteil mit Anmerkung


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