Letzte Aktualisierung: Juni 2018 Redaktionen können sich, wenn auch nicht schrankenlos, aber häufig und sehr weitgehend, auf ein überwiegendes Informationsinteresse berufen. Dies ist faktisch das wichtigste "Medienprivileg" (siehe BGE 6B_202/2013 / „Dignitas“). In den Gesetzen selbst gibt es wenige Medienprivilegien, z.B. im Strafrecht die Beschränkung der Strafbarkeit auf den Medienautor (Art. 28 StGB), den Quellenschutz (Art. 28a StGB), die Entlastungsmöglichkeiten bei Ehrverletzungsprozessen durch den Gutglaubensbeweis; im Datenschutzrecht das beschränkte Auskunftsrecht über persönliche Arbeitsinstrumente (Art. 10 DSG) und im Urheberrecht das Privileg bei Berichterstattungen über aktuelle Ereignisse (Art. 28 URG). Bei überwiegendem Interesse an der Strafverfolgung besteht für Medienschaffende kein Quellenschutz. In der Regel überwiegt aufgrund der gesetzlichen Grundlagen (Art. 28a Abs. 2 lit. b StGB und Art. 172 Abs. 2 lit. b StPO) das Interesse an der Strafverfolgung gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse (vgl. BGE 1B.293/2013, "Roland"). Den wenigen Privilegien stehen einige berufsspezifische gesetzliche Pflichten gegenüber, namentlich die Pflicht zur sachgerechten Berichterstattung für Medienschaffende bei Radio und Fernsehen (Art. 93 BV), die Pflicht zur Akkreditierung in der Gerichtsberichterstattung und die Pflicht, Gegendarstellungen und Berichtigungen zu veröffentlichen (Art. 28a ff. ZGB). Weiter die programmrechtlichen Vorschriften und Werbeverbote im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (Art. 4 ff. RTVG), die „Werbeschranken“ in sogenannten „Gefahrenbranchen“ – insbesondere bei Alkohol, Tabak und Heilmitteln. Nicht nur, aber auch für die Medien, erfolgte in den letzten 20 Jahren ein Paradigmenwechsel in der Verwaltungstätigkeit / Behördentätigkeit: Weg vom Grundsatz „Geheimhaltung mit Öffentlichkeitsvorbehalt“ hin zum Grundsatz „Öffentlichkeit mit Geheimhaltungsvorbehalt“. Verwaltungstätigkeit soll grundsätzlich öffentlich sein, solange nicht überwiegende Geheimhaltungsinteressen eine Geheimhaltung gebieten (zum Gebührenprivileg der Medien: 1C_64/2013, medialex 3/2013, S. 105 f.). Die gesamtschweizerische Strafprozessordnung (StPO) und die Öffentlichkeitsgesetzgebungen im Bund (seit 2006) und in einzelnen Kantonen (ZH: 2008) ermächtigen und verpflichten die Behörden unter Berücksichtigung des im Einzelfall gebotenen Persönlichkeitsschutzes zur Information bzw. zum Informationszugang. BGE 137 I 8 ("Filmaufnahmen in einer Strafanstalt") wird als „Meilenstein für die Medienschaffenden“ bezeichnet. Lesetipp: "Möglichkeiten und Grenzen der Informationspolitik der Polizei"; "Polizei-Bashing über elektronische Medien – wenn Laien zu Medienschaffenden werden" (Referat am Schweizerischen Polizei-Institut) und "Medien und Persönlichkeitsrechte des Klienten – Aspekte der Interessenwahrung" Referat von Dr. Bruno Glaus vor dem St. Gallischen Anwaltsverband. |